DAS BERGWALDPROJEKT
Meine prägende Arbeitswoche in der Natur
Meine prägende Arbeitswoche in der Natur
Das Bergwaldprojekt e. V. arbeitet jährlich mit ca. 3.000 Freiwilligen an 52 verschiedenen Einsatzorten in heimischen Wäldern, Mooren und Kulturlandschaften. Mit dem gemeinsamen Einsatz für unsere Natur übernehmen wir kollektiv Verantwortung und setzen uns für den Schutz der Ökosysteme und für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen ein.
Ziel der Arbeitseinsätze ist es:
Mehr zur Geschichte und Organisation findet ihr am Ende des Blogbeitrages.
Gegen Spätnachmittag erreichte ich den Treffpunkt in Schonach im Schwarzwald und traf dort unseren Projektleiter Simon sowie Andre, einen unserer Gruppenleiter und Theaterpädagogen. Als alle eingetroffen waren, ging es bei strömendem Regen in zwei kleinen Bussen, natürlich unter Einhaltung der geltenden Corona-Sicherheitsbestimmungen und Hygieneregeln, hinauf zum Berg zur Finstermattenhütte. Die Hütte liegt idyllisch auf einer großen Zeltwiese, direkt neben einem Badeteich. Sie ist ohne Strom und mit kaltem Bergwasser ausgestattet. Zum Duschen gibt es eine selbstgebaute Outdoor-Dusche mit holzbefeuertem Badeofen, die von Dieter, einem unserer Gruppenmitglieder und echten Schwarzwälder, 65 Jahre jung, vor Jahren gebaut wurde. Dieter war auch diesmal wieder dabei und brachte uns unter anderem das „Dieter’sche Holzhacken“ bei und erklärte, wie man eine Axt per Hand richtig schleift.
Oben angekommen, haben wir schnell unser Zelt aufgestellt, bevor die Dunkelheit einbrach. Zum Glück hörte der Regen auf und zeigte sich während der gesamten Woche nicht mehr. Stattdessen erwartete uns eine Woche voller Sonnenschein und Hitze.
Im Mannschaftszelt fand die erste Vorstellungsrunde statt, wir erhielten erste Infos zum Projekt, besprachen Organisatorisches für die Woche und dann gab es das unglaublich leckere Essen, das Eduardo zubereitet hatte. Es war vegetarisch und wurde draußen vor der Finstermattenhütte gekocht. Ich kann nur sagen, dass die Woche auch kulinarisch ein Highlight war. Eduardo, der eigentlich Komponist ist, zauberte so köstliche Gerichte, dass wir alle, besonders nach den langen und anstrengenden Arbeitstagen, jedes einzelne Mahl mit Genuss verschlangen.
Das Auerhuhn (Teatro urogallus) ist gegenüber dem Menschen sehr störungsempfindlich, selten in der Natur anzutreffen und seine Population ist in den letzten Jahrhunderten extrem geschrumpft, was nun in Deutschland dazu geführt hat, dass es vom Aussterben bedroht ist.
Es lebt in alten, strukturierten Nadelwäldern in Bergregionen. Ernährt sich von pflanzlicher Nahrung wie Beeren, Blüten oder Knospen, im Winter von Kiefern- und Fichtennadeln. Teilweise stehen Ameisen und Käfer auf dem Speiseplan. Es hat hohe Ansprüche an sein Habitat, denn eine ausgeprägte Bodenvegetation sowie Ameisennester und Heidelbeeren sind oft Bedingungen für das Vorkommen des scheuen Auerhuhns.
In unserem Arbeitsgebiet, nur etwa 20 Autominuten von der Finstermattenhütte entfernt, stand der Schutz und die Förderung des dort heimischen Auerhuhns im Mittelpunkt. Ziel war es, das Habitat dieses imposanten, flugfähigen, aber schweren Vogels zu verbessern, indem wir ihm mehr Freiflächen schufen und den dort wachsenden Heidelbeeren mehr Licht gaben. Diese sollen kräftig gedeihen, um dem Auerhuhn eine wichtige Nahrungsquelle zu bieten und gleichzeitig ein attraktives Umfeld für das Brüten und die Aufzucht der Küken zu schaffen.
Dafür mussten zahlreiche Fichten weichen: Die größeren fällten wir mit Handsägen oder Motorsägen, während die kleineren Bäume direkt aus dem Boden gezogen wurden. In Teamarbeit schafften wir die gefällten Fichten sowie Sträucher zur Seite, um dem Auerhuhn freie An- und Abflugschneisen zu ermöglichen.
Unterstützt wurden wir dabei von Johannes, dem Revierförster vor Ort, der uns nicht nur erklärte, welche Bäume und Sträucher entfernt werden mussten, sondern auch warum. Besonders spannend war, dass er uns die Hintergründe und Zusammenhänge während unserer Mittagspause direkt im Arbeitsgebiet näherbrachte.
Zwischendurch erhielten wir immer wieder spannende Einblicke in das Zusammenspiel der Natur im Wald und die Wechselwirkungen mit anderen Organismen. Besonders intensiv diskutierten wir über das Thema Jagd, unterschiedliche Ansichten dazu und die verschiedenen Herangehensweisen, die im Laufe der Zeit entstanden sind.
Auch der Forst- und Waldbegriff bot reichlich Gesprächsstoff. Was unterscheidet einen Forst eigentlich von einem Wald? Gibt es in Deutschland überhaupt noch unberührte Waldflächen? Welche Bedeutung hat ein Bannwald, und wie wirksam ist er wirklich? Ist das menschliche Eingreifen in die Natur sinnvoll, oder richten wir mehr Schaden an? Welche Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht – und was können wir daraus lernen? Diese und viele weitere Fragen begleiteten unsere Diskussionen und regten uns zum Nachdenken an.
Darüber hinaus erhielten wir eine praktische Einführung in die Kunst des Baumfällens. Wir lernten, wie man entscheidet, in welche Richtung ein Baum fallen soll, wie man den richtigen Stammschnitt setzt und welche Sicherheitsregeln dabei unbedingt zu beachten sind. Ein spannender Mix aus Theorie, Praxis und Reflexion, der unseren Tag im Wald bereicherte.
Eines Morgens ging es für alle auf eine große Wiese am Hang, um das gemähte Gras einzusammeln. Dieter zeigte uns, wie man diese Arbeit im Team besonders effizient erledigt: In einer Reihe aufgestellt, rechen wir das Gras gemeinsam den Hang hinunter und bilden dabei eine regelrechte „Graslawine“. Dank dieser Methode ging die Arbeit erstaunlich schnell von der Hand, und in nur zwei Stunden waren gleich zwei Wiesen vollständig vom Heu befreit. Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie effektiv Teamarbeit sein kann!
Am letzten Nachmittag nahm Johannes uns mit auf eine Exkursion durch sein Revier, bei der wir das Erlernte der Woche praktisch anwenden konnten. Wir übten, wie ein Baum „trinkt“ und Nahrung aufnimmt, und erfuhren, wie ein Förster die richtigen Bäume auswählt, die für das Wachstum anderer, stärkerer Bäume gefällt werden sollen. Dabei spielten nicht nur der Standort, die Größe und die Baumart eine Rolle, sondern auch wirtschaftliche Faktoren, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Es war eine lehrreiche und praxisorientierte Erfahrung, die uns einen tiefen Einblick in die Arbeit des Försters vermittelte.
Gegen 17 Uhr ging unser Arbeitstag zu Ende und wir fuhren zurück zum Camp. Dort hatten wir bis zum Abendessen freie Zeit, die wir nach Belieben gestalten konnten. Einige nahmen ein Bad im Teich oder eine erfrischende Dusche, während ich die Gelegenheit nutzte, bei Dieter Holz hacken zu lernen – nach seiner ganz eigenen Methode. Es war erstaunlich, wie viel Spaß man bei dieser einfachen Tätigkeit haben konnte. Entspannen in der Hängematte war natürlich auch eine Möglichkeit, aber das Holzhacken hatte in diesem Moment definitiv seinen Reiz.
Nach dem Abendessen und dem Spülen versammelten wir uns alle um das Lagerfeuer. Wir erzählten Geschichten, sangen zusammen oder lernten von Anna, einer weiteren Gruppenleiterin, Schlagzeug zu spielen. Auch die Improvisations-Theaterspiele mit Andre machten jede Menge Spaß und sorgten für tolle Unterhaltung.
Auch das Werkzeug muss regelmäßig gepflegt werden, damit es weiterhin zuverlässig funktioniert. Also befreiten wir unsere Sägen und Heckenscheren vom Harz und behandelten sie mit Pflegeöl, um ihre Lebensdauer zu verlängern. Von Dieter lernten wir, wie man eine Axt von Hand mit einer Feile schärft und auf welche Details dabei zu achten ist. Es war genauso spannend und lehrreich wie der Rest der Woche, denn Werkzeugpflege gehört natürlich auch zur Arbeit dazu. Aber am meisten Spaß macht es, gemeinsam in der Sonne zu sitzen, Geschichten zu erzählen und dabei das Werkzeug zu pflegen. In der Gruppe wird selbst diese Aufgabe zu einer entspannten und unterhaltsamen Aktivität.
Das Bergwaldprojekt wurde 1987 auf Initiative von Wolfgang Lohbeck (Greenpeace Deutschland) und dem Schweizer Förster Renato Ruf im Kontext der Waldsterbensdebatte gegründet. 1990 erfolgte die Gründung der eigenständigen Schweizer Stiftung Bergwaldprojekt mit Sitz in Trin (GR). Der erste deutsche Projekteinsatz fand 1991 in St. Andreasberg im Harz statt. 1993 wurde der deutsche Verein Bergwaldprojekt e.V. ins Leben gerufen, mit dem heutigen Sitz in Würzburg. Der gemeinnützige Verein besteht aus 25 ehrenamtlichen Mitgliedern und ist unabhängig, überparteilich sowie weltanschaulich neutral. Das Bergwaldprojekt ist nicht nur in Deutschland und der Schweiz aktiv, sondern auch in Österreich, Liechtenstein, Spanien und der Ukraine.
Ein wesentlicher Teil der Finanzierung des Bergwaldprojekts kommt aus Spenden. Fördermitgliedschaften sind besonders wertvoll, da sie eine langfristige und verlässliche Planung ermöglichen und die Finanzierung auf viele Schultern verteilen.
Jedes Engagement, sei es als Fördermitglied, durch aktive Teilnahme, Weiterempfehlungen, den Wechsel des Stromanbieters oder das Spenden von Bahn Bonus-Punkten, trägt dazu bei, den Einsatz des Bergwaldprojekts für Natur und Mensch zu unterstützen.
Für mich persönlich war die Woche im wunderschönen Schwarzwald eine unvergesslich tolle Erfahrung. Ohne große Erwartungen reiste ich dorthin, ohne zu wissen, wie anstrengend und herausfordernd die Arbeit tatsächlich sein würde. Ja, ihr habt richtig gelesen – die Arbeit ist kein Zuckerschlecken. Viele denken vielleicht, dass man als Freiwilliger nur so viel arbeitet, wie man möchte, und zwischendurch Freizeit hat. Aber das ist nicht der Fall. Die Arbeit im Wald, besonders an steilen Hängen, das sich durch Dickicht und Bäume schlagen oder das Suchen von Fichten auf dem Waldboden zwischen Heidelbeeren – das ist wirklich nicht für jedermann. Gute, robuste Schuhe und Kleidung sind ein Muss, und Arbeitshandschuhe sind unverzichtbar.
Nicht jeder möchte seine Freizeit für solche körperlichen Aufgaben opfern – das ist verständlich. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Eine Woche im Wald, ganz ohne Handyempfang, kann wahre Wunder bewirken. Man ist konzentriert auf das Wesentliche, ohne Ablenkung, und im Austausch mit Gleichgesinnten entsteht etwas Großartiges.
Ich werde auf jeden Fall wieder ein Projekt mit dem Bergwaldprojekt machen – wann und wo, das wird sich zeigen. Übrigens: Das Jahresprogramm wird Anfang Dezember veröffentlicht, und dann ist auch die Anmeldung geöffnet. Die Plätze sind schnell vergeben, aber über die Warteliste hat man oft eine gute Chance, noch einen Platz zu bekommen. Pläne ändern sich schließlich oft.
Wenn du Interesse an einem Arbeitseinsatz hast oder mehr Informationen benötigst, schau doch mal auf der Webseite des Bergwaldprojekts vorbei: www.bergwaldprojekt.de.